eine junge Frau mit braunem Pagenkopf, Mitte dreissig, schaut zuversichtlich in die Kamera und zeigt ein ok mit der rechten Hand, kein Hintergrund, nur weiß

Das Projekt EX-IN basiert auf der Überzeugung, dass Menschen mit Psychiatrie-Erfahrung in psychisch stabilen Zeiten ihre selbst gewonnene Expertise nutzen können, um Andere in ähnlichen Situationen zu verstehen und zu unterstützen.

Der Beruf der Genesungsbegleiterin ist geboren.

Die Organisation dahinter, EX-IN (experienced involvement = erfahrenes Involviert-Sein), entstand 2005-2007 aus einem Leonardo Da Vinci Projekt der EU heraus. Bei der Formulierung des Anforderungsprofiles für diese innovative Form der Begleitung wirkten Psychiatrie-Erfahrene, psychiatrische Fachkräfte und Ausbildnerinnen aus sechs europäischen Ländern zusammen.

EX-IN bietet seitdem auch ein Ausbildungsprogramm zur Genesungsbegleiterin. Diese Schulung baut auf der Erfahrung der eigenen, selbst erlebten psychischen Krise der Teilnehmerin auf. Die Ausbildung macht sie fit für die Eins-zu-Eins-Begleitung von akut Betroffenen.

Die Begleiterin bietet der akut Psychotischen Halt durch Kontakt, Verständnis und Mitgefühl. Sie ist da. Die in der Vergangenheit selbst erfahrene psychische Krise macht die Begleiterin glaubwürdig. Die Akut-Patientin findet ein role-model, ein Vorbild.

Das daraus angstfrei möglich werdende Krankheitsverständnis erhöht die compliance, die Bereitschaft aktiv am eigenen Gesundwerden mitzuarbeiten. Die Erfahrung einer Selbst-Betroffenen öffnet den Raum hin zur Hoffnung, dass man davon auch wieder gesunden kann.

Die eigene Psychiatrie-Erfahrung befähigt die Genesungsbegleiterin zur Mitarbeit in psychiatrischen und psychosozialen Einrichtungen und Diensten. Die Schulung durch EX-IN enthält eine Sensibilisierung für die diversen menschlichen Krisen, die zu Erkrankung führen mögen. Sie bietet gleichzeitig das Erkennen, dass es auch eine Zeit danach geben wird.

Durch diese Ausbildung bekommt jede Azubi auch selbst ein noch besseres eigenes Krankheitsverständnis und entwickelt sich persönlich weiter.

Aus der gruppendynamischen Perspektive kann man auch sagen, dass man vom Ich-Wissen über das Du-Wissen zum Wir-Wissen gelangt.

Die EX-IN Ausbildung zur Genesungsbegleiterin umfasst 12 Module und dauert ein ganzes Jahr.

Die Themenbereiche umfassen:

  • Gesundheit & Wohlbefinden
  • Empowerment (Ermächtigung)
  • Erfahrung & Teilhabe (die Sache mit dem Mitgefühl versus Abgrenzung)
  • Trialog (Gespräch zwischen Patientin, Angehörigen und Therapeutin)
  • Recovery
  • Selbsterforschung (wer bin ich?)
  • Betroffenenfürsprecher
  • Beratung & Begleitung
  • Krisenintervention
  • Assessment (Dokumentation und Diagnostik)

Die Schulung beinhaltet die erfolgreiche Absolvierung eines 40- und eines 80-stündigen Praktikums.

Eine Genesungsbegleiterin kann eingesetzt werden in den Bereichen Selbsthilfe, Betreutes Wohnen und sogar schon auf der Akutpsychiatrie.

Insbesondere in der Akutphase ist das Dolmetschen, das Vermitteln zwischen Professionistinnen (Ärztinnen, Sozialarbeiterinnen, Pflegerinnen) und akut Erkrankter eine wichtige Aufgabe für die Genesungsbegleiterin.

Sie weiß, wie sich die Erkrankte fühlt und was ihr in der Krise helfen bzw. nicht helfen kann.

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