die Fahne von Kolumbien, gelb-blau-rot, in die Landeskontur gegossen

In der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá gibt es Etwas, wovon wir hier in den europäischen Großstädten noch immer nur träumen. Die Tradition La CicloVía entstand im Lebensraum von damals 4 Millionen Menschen im Jahr 1975 aus einer Bürgerinitiative heraus und bedeutet nichts Anderes als ‚Fahrradweg‚ auf spanisch.

Jeden Sonntag und an vielen Feiertagen wird die halbe Stadt von 7h bis 14h für alle motorisierten Fahrzeuge gesperrt. Das Netz der in dieser Zeit auto- und mopedfreien Straßen wurde mit der Zeit nach und nach immer umfangreicher.

Begonnen hatte die Aktion mit zwei Straßen, die ab dem Jahr 1976 drei Stunden lang jeden Sonntag von Freiwilligen für motorisierte Fahrzeuge gesperrt wurden. Das Gebiet wurde nach und nach erweitert und umfasst heute, in einer Stadt, in der bereits 10 Millionen Menschen leben, 120 Kilometer des innerstädtischen Straßensystems. Es betrifft 18 der 20 Stadtbezirke, inklusive der meisten Hauptstraßen (!).

In diesen sieben Stunden haben die Fußgängerinnen, Läuferinnen und Radfahrerinnen der Stadt im wahrsten Sinn des Wortes ‚Luft zum Atmen‘.

Dieses mittlerweile riesige Areal an autofreier Zone wird in dieser Zeit allwöchentlich noch immer ausschließlich von Zivilistinnen, Freiwilligen und Wehrpflichtigen abgesperrt. Es wird wertgelegt auf diesen wohltuenden Aspekt der Zivilen Verantwortlichkeit, wertgelegt auf die daraus sich ergebende Abwesenheit einer staatlichen Ordnungsmacht.

„Das erfolgreichste soziale Experiment, das eine Stadt haben kann“, „Es ist ein Moment der Demokratie“, der Kommentator im Video überschlägt sich mit anerkennenden Worten.

La CicloVía schult nun schon seit mehr als 40 Jahren auch das Bewusstsein der Stadtbewohnerinnen, sich gut und richtig zu verhalten, ohne dass eine staatliche Autorität das Ganze überwachen muss.

Die Erfahrung, in einer Millionenstadt auch in den Genuss von frischer Luft regelmäßig kommen zu dürfen, stärkt den Zusammenhalt aller Bogotanos und aller Menschen, die in der Stadt leben.

auf dem Foto in schwarzweiss sieht man einen älteren mondänen Mann lächelnd mit seinem Labrador in der Straße schlendern

Von der Ciclovia inspiriert, gibt es heute in Bogotá sehr viele neue Mobilitätsprojekte rund um das Fahrrad. Die Grundidee selbst wurde schon von mehr als 40 Städten in aller Welt übernommen.

La CicloVía bewirbt das Fahrradfahren und fördert die Gemeinschaft. Es schafft auch öffentliches Bewusstsein für das Wesentliche: saubere Luft als Menschenrecht und Begegnung in real time, von Angesicht zu Angesicht (ohne zuviel Blech und unterschiedliche Geschwindigkeit zwischen den Einzelnen).

In Wikipedia lese ich dazu:

Jede Woche nehmen über zwei Millionen Menschen zu Fuß, auf dem Fahrrad oder auf Inline-Skates an der Ciclovía teil.

Seit den 1980er Jahren ist die Ciclovía gesetzlich fest verankert, und sie wird von Jahr zu Jahr professioneller organisiert: So werden seit 1995 Wehrpflichtige eingesetzt, um die Kreuzungen zu sichern. Ein Großteil der Strecke wird mit Straßenschildern abgesperrt und für den motorisierten Verkehr werden Umleitungen ausgeschildert.

Zusätzlich bietet die Stadt an einigen zentralen Knoten kostenlose Aerobic-Veranstaltungen und Info-Points an. Seit dem 13. August 2006 können die Teilnehmerinnen von 74 öffentlichen Toiletten entlang der Strecke Gebrauch machen.

Zusätzlich befinden sich jetzt Tierärztinnen an einigen der 600 Info-Stationen, an denen auch Getränke und Speisen angeboten werden.

Sehr viel Ähnliches oder Weiterführendes findest du in den Beiträgen ‚Die Zukunft beginnt hier‚ und ‚Die Verbreitung guter Ideen‘.