Bub bewundert Seifenblase

Frau Susanne Wiesinger, ambitionierte Lehrerin in einer Favoritner Neuen Mittelschule, hat ein Buch (Titel: Kulturkampf im Klassenzimmer, 2018, Verl.: Edition QVV) geschrieben, das wohl allen Lehrerinnen in Wien aus der Seele spricht. Frau Wiesinger fühlt sich für ihre Kolleginnen ebenfalls verantwortlich aus ihrer Funktion als SPÖ-Gewerkschafterin heraus.

Österreich ist nicht nur, sondern war schon immer, eine Multikultigesellschaft und in diesen Jahren verdichtet sich einmal mehr die Herausforderung, der immer wieder neuen Aufgabe, die daraus resultiert,  gerecht zu werden. Wir dürfen mutig sein, denn letztendlich haben wir diese Herausforderungen seit jeher zu bewältigen gewusst. Österreich entspringt der Vielvölker-Monarchie Österreich-Ungarn, wir kamen nach dem 1. und nach dem 2. Weltkrieg durchmischt oder nicht alleine wieder heim, wir unterstützten die Flüchtenden während und nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, wir holten Gastarbeiterinnen und zeigten auch hiebei wenig Angst vor Durchmischung, der Jugoslawien-Krieg ließ uns ebenfalls dessen Flüchtlinge aufnehmen.

Wir sind fasziniert von Diversität!  Yes. Aber das heisst natürlich nicht, dass es einfach ist, Allen und Allem gerecht zu werden! Grundsätzlich gilt: je diverser, je schwieriger die Aufgabe!

ES GEHT AM EINFACHSTEN ÜBER DIE BILDUNG

Dem Falter Artikel 38/18, von Sibylle Hamann entnehme ich Frau Wiesingers 5 Reformwünsche und will sie dir hier näherbringen, nicht zuletzt, weil sie mir damit voll aus der Seele spricht und ich mich freue, dass sich mit ihr ein Mensch gefunden hat, der die Wahrheit, dass man sinnvollerweise kulturell durchmischen muss, an- und ausspricht.

So schaut die zeitgemäße Schulreform aus:

  1. Einführung eines gemeinsamen Unterrichtes, der die religiösen, ethischen, demokratischen und rechtlichen Grundlagen unseres Zusammenlebens behandelt.  In dieser Art Ethikunterricht sollte man das, die Religionen und Kulturen Verbindende und deren Gemeinsamkeiten hervorheben und besprechen.
  2. Eine Ganztagsschule mit breitgefächerten, verpflichtenden Aktivitäten aus Sport, Musik, Kultur und Natur – und zwar für Alle. Das Erfahrungsfeld vieler der Schulkinder ist sehr eng aufgrund der Geldknappheit oder aufgrund religiös vorgegebener Auflagen. Kinder aus sozial schwachen Familien und/oder aus Familien mit Migrationshintergrund bewegen sich in ihren Lebenserfahrungen nie über das Grätzel, den Park, den Supermarkt und die Moschee hinaus. Dies behindert die intellektuelle, sprachliche und soziale Entfaltung, aber hemmt auch Lebensentscheidungen aller Art, wie auch die Berufswahl. Da könnte Schule etwas dagegen tun, wenn die bis jetzt bloß freiwilligen Angebote zur Verpflichtung würden. Erwiesenermaßen finanziell schwache Kinder könnten umsonst teilnehmen, das wäre sicher das kleinste Budgetproblem.
  3. Klare Regeln müssen viel deutlicher kommuniziert und eingehalten werden. Anwesenheit im Unterricht, Teilnahme an Ausflügen, Schullandwochen, Turnen und Schwimmunterricht muss als obligatorisch umgesetzt werden. „Wir müssen als Gesellschaft unmissverständlich zeigen, was uns wichtig ist. Ich bin sicher: Das leidige Gezerre um das Schwimmen wäre schnell vorbei, wenn es Geldstrafen bei Nichtteilnahme gäbe.“ Bei Nichtteilnahme Geldstrafe, bei gleichzeitiger finanzieller Unterstützung für Kinder aus Familien mit zuwenig Einkommen. 
  4. Schulen brauchen mehr echte Autonomie der Gestaltung und beigestellte Ressourcen von außen. Zu ersterem:  dass Pflichtschulen – im Gegensatz zu Gymnasien – nicht einmal eine Sekretariatskraft haben, die bei der Verwaltung hilft, gehört geändert. Zu zweiterem: Schulpsychologinnen gibt es meistens nur auf dem Papier und in realita existieren diese nicht, bzw. viel zu marginal und unterbesetzt. Es bräuchte Sozialarbeiterinnen, die den Kontakt zu den Familien halten. UND vielen Lehrerinnen fehlt es noch an interkultureller Kompetenz, da bedarf es einer verpflichtenden Nachschulung.
  5. Durchmischung. Kinder jeder sozialen Herkunft müssen miteinander in die Schule gehen. Die Behörden  sollten die freie Schulwahl der Eltern einschränken und schon bei der Schuleinschreibung auf die Durchmischung achten.  Fr. Wiesinger ist eine Verfechterin der gemeinsamen Schule aller 10- bis 14-Jährigen. Sie will dabei auch die Privatschulen in die Pflicht nehmen. Immerhin werden diese mit öffentlichem Geld zumindestens mitfinanziert, also sollten sie auch einen Teil der öffentlichen Aufgabe übernehmen und Kinder aus unterprivilegierten Verhältnissen aufnehmen. Das gesamte Bildungswesen gehört in die öffentliche  Hand.

‚Mehr Diversität im Lehrerzimmer, mehr Kolleginnen und Kollegen mit verschiedensten Sprachkenntnissen, mit Migrations- oder auch eigenen Diskriminierungserfahrungen wäre dabei hilfreich‘, stimmt Wiesinger zu. …. ‚Vor allem liberale Muslime oder Ex-Muslime sind viel zu wenig präsent‘, sagt sie. …  ‚Wer manche Konflikte der Schüler aus seiner eigenen Biografie kennt, kann mit ihnen gleich viel glaubwürdiger diskutieren‘.“ (ad 4.)

Bitte, liebe Politikerinnen, einfach nur eins zu eins genauso umsetzen!