Auf der Suche nach gesellschaftlicher Aufklärung und Toleranz zu einem Thema gilt es generell, das Verbindende und Gemeinsame zu betonen, um das Trennende darin einbetten zu können. Wie auch hier beim Thema Weltreligionen.
In Berlin besuchen jeweils eine Imamin und eine Rabbinerin* im Tandem Schulklassen und stellen sich offen und unvoreingenommen den neugierigen Fragen der Schülerinnen. Obwohl deren männliche Kolleginnen zwar noch in der Überzahl sind, so betont Herr Conrad von Meet2Respect ausdrücklich, will er unbedingt auch Frauen* für das Projekt gewinnen.
Der Bildungsauftrag dieser religiösen Tandems ist immer der gleiche:
Die Gemeinsamkeiten der Religionen werden in den Vordergrund gerückt, die Unterschiede diskutiert.
Die drei monotheistischen Religionsgemeinschaften auf unserem Planeten ringen in vielen Gegenden der Welt um die jeweilige Vorherrschaft. Das Trennende wird üblicherweise betont und zum Streitpunkt erklärt, das Verbindende meist ignoriert. Dabei ist der eine Gott der Christinnen der gleiche, den auch die Jüdinnen anbeten, und die Musliminnen kennen ebenfalls nur diesen einen Gott.
Was würde der wohl sagen, wenn er sehen könnte, wie sehr sich all diese seine Schäfchen ständig bekriegen, diskriminieren und töten? Die Initiative ‚Meet2Respect‚ will sich daher um das Gemeinsame von Islam, Judentum und Christentum kümmern und dieses den Schülerinnen näherbringen.
Die Kinder und Jugendlichen lernen, dass in beiden monotheistischen Urreligionen (=> das Christentum hat sich aus dem Judentum heraus entwickelt, deshalb bettet es sich zum Judentum gehörig hier ein) mit Kopfbedeckung gebetet wird und dass der Verzehr von Schweinefleisch ebenfalls in beiden Glaubensrichtungen nicht erlaubt ist.
Die Tatsache, dass Christinnen, Jüdinnen und Musliminnen den gleichen einen Gott anbeten sorgt oft für ungläubiges Staunen.
Es darf aber auch hitzig diskutiert werden, zum Beispiel wenn es um den Nahostkonflikt geht. Die religiösen Tandems, Imamin und Rabbinerin gemeinsam, wollen den Jugendlichen vermitteln, dass Diskussionen in Ordnung sind, solange man sich mit Respekt, Toleranz und in Frieden nähert.
Im zweiten Schritt wird mit den Schulkindern dann auch eine Moschee und eine Synagoge besucht. Das Verständnis für die unterschiedlichen Religionen und den gelebten Glauben lassen sich so auch praktisch erfahren.
Das Gemeinnützige Unternehmen ‚meet2respekt‘ wurde im Jahr 2013 unter der Schirmherrschaft von ‚Leadership Berlin – Netzwerk Verantwortung‚ aus der Taufe gehoben. Peter Conrad, Bernhard Heider und Daniel Alter starteten die Initiative in Antwort auf eine brutale antisemitische Attacke. Herrn Alter war im Jahr zuvor im Beisein seiner siebenjährigen Tochter krankenhausreif geprügelt worden. So vielem irrationalem Hass wollten die drei Männer Etwas entgegenstellen.
Die Arbeit von Meet2Respect in den Schulklassen wird nicht gefilmt, weil das Thema Religion prinzipiell ein sehr privates und heikles ist. Die Vorurteile der Jugendlichen den je anderen Religionen gegenüber, sitzen doch sehr tief.
Die Initiative wird seit Jahren überhäuft mit Auszeichnungen und die Nachfrage steigt.
Im Jahr 2021 bekam die Initiative den Deutschen Dialogpreis in der Kategorie ‚Interreligiöser und interkultureller Dialog‚ * und will aufgrund ihres Erfolges expandieren, zuerst nach Hamburg und dann Hessen.
Die Organisation sucht daher ständig nach mehr studierten Islamtheologinnen, nach Lehrerinnen, die jüdischen Glaubens sind, und nach Leuten, die das Rabbinerseminar besucht haben, um sie zu zweit je in interessierte Schulklassen zu schicken.
Meet2Respect braucht es in jeder Stadt dieser Welt, davon bin ich überzeugt. Jetzt gibt es diesen von mir langersehnten Anfang der religionsübergreifenden Aufklärung für Schülerinnen. Der Samen ist gesät.
So lernten sich auch Imam Ender Cetin und Rabbiner Elias Dray kennen. Mittlerweile sind sie auch privat befreundet und besuchen einander gerne an religiösen Festtagen.
Es ist eine Bereicherung für alle Schülerinnen, wenn zum Bildungsthema Weltreligionen die Vertreterinnen der Religionen selbst vorbeikommen und sie sich mit ihnen austauschen können, m i t ihnen und nicht nur über sie geredet wird.
Zu Corona-Zeiten ist natürlich auch das anders:
„Unsere Aufgabe ist es, dass wir Antisemitismus und Islamfeindlichkeit gleichermaßen bekämpfen“, sagte Herr Conrad in seiner Dankesrede zur Preisverleihung *.
AUF DEM WEG VOM GEGENEINANDER ZUM MITEINANDER
Die Idee des religiösen Tandems gab es im Jahr 2014 aber auch aus/in Wien 🙂 :
Der dazu verwandte Beitrag: ‚Parteipolitisch frei im Kopf‚
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