Das Bauen der Zukunft wird mit klimafreundlichen nachwachsenden Rohstoffen geschehen müssen. Es gibt sie, die Baustoffe ohne klimaschädliches Beiwerk.
Seit Jahren ruft der Physiker Hans Joachim Schellnhuber dazu auf, den verdrängten Klima-Impact der Bauwirtschaft endlich in den Fokus zu rücken. Dieser beträgt immerhin 40% der gesamten CO2-Emissionen weltweit.
Es gibt im Gegenteil sogar Materialien, welche darüber hinaus sogar aktiv das CO2 zu reduzieren helfen, wie zum Beispiel das Baumaterial Holz.
Der Königsweg zum Ausgleichen des herrschenden Klimanotstandes sei die organische Architektur, so Herr Schellnhuber.
Es werden vorgestellt:
- das erste Hybrid-Holzhochhaus Deutschlands, welches, achtstöckig, fast ausschließlich aus Holz besteht und dessen Produktion um 80% weniger Schadstoffemissionen verantwortet, und
- der Mjosa Tower in Norwegen. Das Gebäude ist mit 18 Stockwerken das höchste Holzhochhaus und besteht zu 90% aus Holz.
„Der Werkstoff dieses Jahrhunderts ist Holz“, sagt Architekt und Südtiroler Matteo Thun, ein wahrer Freak in Sachen Holz. Er liebt dieses Material, und er weiß wovon er spricht.
Holz war der Werkstoff des Bauens vieler Jahrhunderte vor dem 20. Jahrhundert des Anthropozäns.
Die Techniken blieben erhalten, manifestiert in den zeitenüberdauernden Bauwerken der alten Zeit.
„Ich glaube, es geht unter dem Strich ausschließlich um besseres und gesünderes Leben. Architektonische Credos sind immer dazu da, dass es den Menschen besser geht.“ (M.Thun)
Holz ist aber nicht die einzige nachwachsende Ressource, die die Zukunft des Bauens im 21. Jahrhundert wieder entscheidend verändern könnte. Den Planeten somit zu retten helfen könnte.
Markus Roselieb besinnt sich in Chiang Mai, im Norden Thailands auf die alten Baustoffe Bambus und Lehm (ab Minute 10.30). Das architektonische Erstlingswerk des ehemaligen Mediziners stellt die im Jahr 2012 errichtete Panyaden International School dar. Eine Schule, in der es keine Ecken gibt, „alles ist rund und weich“ (M.Roselieb).
Das internationale Interesse am nachhaltigen Baumaterial Bambus ist im Steigen.
Wie Holz, so ist auch Bambus ein nachwachsender und gleichzeitig sogar CO2-speichernder Rohstoff. Das ist genau das, was wir j e t z t brauchen!
Holz und Bambus produzieren Negativemissionen (erklärt ab Minute 18.00). Sie entziehen durch ihr Wachstum der Umgebungsluft Kohlendioxid. Ganz anders als bei Beton oder Stahl, deren Produktion Unmengen an CO2 entstehen lässt.
Markus Lager ist der Pionier in Sachen Holzbau in Deutschland. Das von ihm entworfene Skaio in Heilbronn ist eine Hybridkonstruktion aus Beton und Holz.
Herr Lager sieht in der Cross Laminated Timber – , der CLT-Technik, den Meilenstein in der modernen Holzbau-Entwicklung. Dabei wird die Effizienz von Holzkonstruktionen durch beschichtetes und verleimtes Holz perfektioniert. Durch diese Technik wird eine Druckfestigkeit der Holzteile erreicht, die sogar jene von Stahlbeton übersteigt. Das deutlich geringere Gewicht bringt einen zusätzlichen Vorteil.
In Stockholm, Schweden, forscht Lars Berglund, Materialwissenschaftler von der Royal Institute of Technology, an transparentem, heisst lichtdurchlässigem! Holz (Min. 24.00).
„Transparentes Holz hätte viele Vorteile. Der offensichtlichste ist, dass wir ein biobasiertes Material hätten, das umweltfreundlicher ist als Glas und gleichzeitig wesentlich robuster. Und der Energiebedarf für die Herstellung von transparentem Holz ist geringer.“ (L.Berglund)
Das Startup Woodoo vom Architekt und Biologen Timothée Boitouzet in Frankreich arbeitet ebenso an einer nanotechnischen Bearbeitung von Holz. Sie nennen ihr zukunftsweisendes Projekt Augmented Wood.
Der kanadische Architekt John Hardy baut auf Bali ( ab Minute 35.20) spektakuläre Paläste aus dem Gras Bambus.
Expertinnen sehen aber auch hier besonders im industriell produzierten, technisch verarbeiteten Bambus die Zukunft. Ein Beispiel dazu bietet die Bauweise des Hotel Jakartas in Amsterdam, Niederlande, von Pablo van der Lugt als Spezialist für biobasiertes Bauen/TU Delft.
In der nachfolgenden Arte-Doku wird aber auch noch auf die Grundlagen-Erforschung zweier völlig innovativer Baustoffe eingegangen:
- Dirk Hebel, der Architekt am Karlsruher Institut für Technologie forscht am organischen Baustoff aus dem Pilz-Myzelium. Seinen Micro Tree stellte er 2017 auf der Architekturbiennale in Seoul vor (Minute 39.00)
- Aber „auch im Meer schlummert ein Reservoir eines Superstoffs der Zukunft, das nahezu unbegrenzt vorhanden ist. Salz.“ Ab Minute 42.30 geht es um die Designerin Henna Burney, Atelier LUMA, die am organischen Baustoff entstehend durch Salzkristallisation experimentiert.
„Ich glaube, dass die gebaute Umwelt der Zukunft die Versöhnung mit der Natur reflektieren wird.“ Hans Joachim Schellnhuber (Physiker am Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung)
Arte-Doku:’Wunderstoffe – Von Holz zu Bambus‘, Buch und Regie: Jakob Kneser, ZDF 2022, Sprecherin: Maya Bothe
(ein großes Danke an den Physiker @morf mit Meinung, der mir dieses Video weiterhin zugängig macht auf youtube. Seine Mühe ein Bier zu öffnen, scheint mir sekundär. Arte selbst hat das Video offenbar von youtube abgezogen.)
Ähnliche Beiträge: ‚HoHo & Co.‚ , ‚ZukunftsBau‚ und ‚Der Generationenwald‚.
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